4. März 2025
Status Quo, Herausforderungen, Automatisierung und Handlungsempfehlungen des Bundesfinanzministeriums
Deutschland hat zum 1. Januar 2025 offiziell die E-Rechnungs-Verpflichtung für B2B-Transaktionen eingeführt. Zunächst für den verpflichtenden Empfang von E-Rechnungen und gestaffelt bis Ende 2028 die verpflichtende Erstellung und den Versand von E-Rechnungen. Worauf bei dem neuen Gesetz genau zu achten ist, haben wir bereits im Artikel „XRechnung: Ein umfassender Leitfaden zu Deutschlands E-Rechnungsstandard“ genauer behandelt.

Erstes Zwischenfazit nach sechs Wochen
Unternehmen und Dienstleister:innen berichten, dass die Ausgangsprognosen zum Volumen der ausgetauschten E-Rechnungen deutlich übertroffen wurden. Es zeigen sich aber auch Probleme bei der korrekten Validierung und im praktischen Umgang mit den Formaten. Es folgt eine Einordnung der wichtigsten Erkenntnisse, sowie Handlungsempfehlungen auf Basis der aktuellen Entwicklung und des Austauschs von Anwender:innen in der Praxis.
Anzahl ausgetauschter E-Rechnungen viel höher als angenommen
Schon vor Inkrafttreten der Pflicht zur E-Rechnung zum 1. Januar 2025 haben Kammern, Verbände, Lösungsanbieter, E-Rechnungsexpert:innen sowie einschlägige Medien auf die gestiegene Bedeutung digitaler Rechnungsprozesse hingewiesen.
Als Lösungsanbieter stehen wir dem Markt sehr nahe. Die ersten Feedbacks deuten darauf hin, dass die Anzahl ausgetauschter E-Rechnungen viel höher ist, als angenommen. Dies hat verschiedene Gründe:
- Hohe Akzeptanz durch Gesetzeslage: Durch die klare rechtliche Grundlage und die zuvor bereits bestehende Verpflichtung im öffentlichen Sektor (insbesondere bei Vergabeverfahren) waren viele ERP-Hersteller und damit auch Unternehmen auf den Umstieg vorbereitet.
- Zunahme durch Digitalisierungsschub: Die allgemeine Digitalisierung sowie Investitionen in ERP-Systeme und Rechnungseingangsportale haben das Volumen deutlich gesteigert.
Trotzdem bleiben manche Herausforderungen bestehen, da viele Unternehmen ihre technische Umstellung nur teilweise umgesetzt haben. Einige Unternehmen waren sich noch gar nicht über die Neuerungen bewusst, was zum Teil auch zu Irritationen führte.
50 % aller E-Rechnungen sind nicht standardkonform
Die Konformität von E-Rechnungen und die damit verbundenen Geschäftsregeln sind elementarer Bestandteil der E-Rechnung-Standards. Vielen ist das nicht bewusst oder bekannt.
Eine der zentralen Erkenntnisse von Anwender:innen, die Konformität prüfen, ist die hohe Anzahl an formal oder inhaltlich nicht validen E-Rechnungen. Verschiedene Marktbeobachtungen und Aussagen von Lösungsanbietern deuteten bereits in 2024 darauf hin, dass bis zu 50 % aller übertragenen E-Rechnungen nach EN 16931 Validierungsfehler aufweisen.
Warum gibt es so viele Abweichungen von den Standards?
- Fehlende oder veraltete Validierungstools: Einige Unternehmen setzen zwar Tools zur E-Rechnungserstellung ein, jedoch fehlen aktuelle Validierungsmechanismen.
- Unvollständige Daten: Einfache Fehler, wie fehlende Standard-Elemente, fehlende Käufer-Informationen oder Differenzen in Rechnungsbeträgen führen bereits zu Abweisungen.
- Formale Fehler: Von der XRechnung bis zu ZUGFeRD bzw. Factur-X – wer hier inkorrekte Profile, veraltete Versionen oder unabgestimmte Extended Varianten verwendet, erzeugt häufig für den Empfänger nicht verarbeitbare Daten.
Diese Diskussionen wurden bereits 2024 intensiv geführt und auf Veranstaltungen öffentlich gemacht. Nun zeigt sich in der Praxis, dass sich viele Unternehmen daran noch nicht konsequent halten und oft überhaupt keine oder nur oberflächliche Prüfungen vornehmen. Die Konsequenz ist, dass jeder Fehler geprüft und kommentiert werden muss, da andernfalls eine Automatisierung der Prozesse nicht gegeben ist.
Prüfung von Konformität nicht Standard bei allen Lösungsanbietern
Ein weiterer Grund für dieses Problem liegt auch bei Lösungsanbietern und ERP-System-Herstellern.
- Schnittstellenprobleme: Zahlreiche E-Rechnungsplattformen oder Inhouse-Systeme erfüllen zwar die Mindestanforderungen zum Versand, vernachlässigen aber den systematischen Validierungs-Prozess.
- Kein automatisches Update: Manche Hersteller stellen neue Versionen von Schnittstellen (z. B. XRechnung 3.0) nur verzögert zur Verfügung – Kund:innen erhalten häufig keine oder spät eine Information über notwendige Updates.
Der XRechnung Standard z. B. sieht eigentlich vor, dass sämtliche E-Rechnungen auf Konformität mit den jeweiligen Spezifikationen geprüft werden, auch wenn das Ergebnis lediglich eine Empfehlung ist und auf länderspezifische steuerrechtliche Behandlungen hingewiesen wird. In vielen Unternehmen wird dieser Punkt allerdings ausgeklammert oder nur in Teilen durchgeführt.
Anlagen und eingebettete Anhänge in E-Rechnungen identifizieren
Ein weiterer Knackpunkt im automatischen Rechnungsprozess sind Anlagen und eingebettete Anhänge, die in den verschiedenen E-Rechnungsstandards teils unterschiedlich gehandhabt werden:
- Fehlende Erkennung: Diverse Systeme erkennen eingebettete Dokumente (z. B. Lieferscheine, Leistungsnachweise) gar nicht, da sie nur den strukturierten Rechnungsteil auslesen.
- Veränderte Dokumentationspraxis: Während früher alle Daten (z. B. Leistungsbeschreibung) in einem einzigen PDF-Dokument enthalten waren, müssen diese Informationen nach den Anforderungen der E-Rechnung oft als separate Dateien oder in strukturierten Feldern hinterlegt werden.
- Keine einheitliche Zuordnung: Selbst wenn Anlagen erkannt werden, fehlen in vielen Systemen die Voraussetzung für die Zuordnung zu den entsprechenden Rechnungspositionen oder Buchungssätzen.
Die Normierungsinitiativen haben zwar Handlungsempfehlungen herausgegeben, wie eingebettete Dokumente im Rahmen von ZUGFeRD/Factur-X oder X-Rechnung zu handhaben sind, doch viele Unternehmen haben dies noch nicht konsequent umgesetzt.
Viel Unklarheit auch weiterhin mit hybriden Formaten: PDF oder XML?
Auch das Thema hybride Formate führt weiterhin zu Verwirrung: Unternehmen sind teils unsicher, ob sie ein rein strukturiertes XML (XRechnung, UBL) oder eine PDF-Datei (ggf. mit eingebetteten XML-Daten wie bei ZUGFeRD/Factur-X) an ihre Geschäftspartner senden sollen.
- Klare Stellungnahme des BMF: Bereits mehrfach hat das BMF betont, dass strukturierte E-Rechnungen (XRechnung, ZUGFeRD/Factur-X) den reinen PDFs vorgehen.
- Übergangsregelungen: Dennoch gibt es Übergangsfristen für B2B-Transaktionen. Viele Unternehmen wenden deshalb mehrere E-Rechnungs-Varianten an und versenden PDFs und E-Rechnungen, oder E-Rechnungen gleichzeitig in mehreren Formaten, was zu Unklarheiten, Fehlern und Mehraufwand in der Prozessabwicklung führt.
- Empfehlung: Wer auf Nummer sicher gehen möchte, setzt bereits jetzt auf vollständig strukturierte Formate und prüft beim Versand die Konformität, z.B. mit BLU DELTA, um sicherzustellen, dass Empfänger:innen die Formate akzeptieren können.
Die E-Rechnung als Motor der Automatisierung.
Die Digitalisierung der Rechnung macht für viele Unternehmen auch die Automatisierung begleitender Prozesse attraktiv, in manchen Fällen sogar zwingend erforderlich. Bereits die ersten Wochen zeigen, dass Unternehmen vermehrt Automatisierungslösungen anstreben, wie die Klassifizierung von Dokumenten, eine direkte Verknüpfung mit Bestellinformationen oder anderen Begleitdokumenten. Die E-Rechnung wirkt als regelrechter Motor bestehende, häufig manuelle oder teil-automatisierte Prozesse endlich anzupacken und zu automatisieren.
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Was können Unternehmen tun, um ihr E-Rechnungs-Management zu automatisieren?
Angesichts der aktuellen Praxis-Herausforderungen stellt sich die Frage, welche Maßnahmen Unternehmen konkret ergreifen können, um Rechtskonformität sicherzustellen und die Automatisierung ihres E-Rechnungs-Managements zu fördern.
- System-Check und Updates
- Überprüfen Sie Ihre ERP- und E-Invoicing-Systeme, ob diese auf dem neuesten Stand sind (z. B. XRechnung-Varianten, aktuelle ZUGFeRD-/Factur-X-Profile).
- Planen Sie regelmäßige Updates und Patches ein, um sicherzustellen, dass Validierungsregeln aktuell bleiben, um höchstmögliche Automatisierung zu erreichen.
- Integrierte Validierung
- Nutzen Sie Tools oder integrierte Module zur automatischen Überprüfung der E-Rechnungen sowohl auf Seiten des Versenders als auch beim Empfänger.
- Prüfen Sie, ob Ihr Dienstleister oder Plattform-Anbieter eine vollständige, aktualisierte Validierung sowie ggf. weitergehende, steuerrechtlich relevante Prüfungen anbietet.
- Anwender-Schulungen
- Schulen Sie Ihre Mitarbeiter:innen im Umgang mit den neuen Formaten: Was ist eine XRechnung, was sind Pflichtfelder, wie werden Anhänge erkannt und zugeordnet?
- Sorgen Sie für klare interne Prozesse, damit die Fachbereiche (z. B. Buchhaltung, Einkauf) wissen, welche Daten in welcher Form einzureichen sind.
- Enger Austausch mit Partnern
- Sprechen Sie mit Ihren Kund:innen und Lieferanten über die Art des Austauschs und klären Sie, wie Anwendungsfälle, branchenspezifische Besonderheiten oder Anhänge bereitgestellt oder empfangen werden sollen.
- Schaffen Sie gemeinsam klare Prozesse, um Eingangs- und Ausgangsrechnungen möglichst automatisiert zu verarbeiten.
- Monitoring und Reporting
- Richten Sie ein Controlling für die Rechnungprozesse ein, um eine Übersicht über valide und invalide Rechnungen zu behalten.
- Nutzen Sie Dashboards und Berichte, um frühzeitig Fehler oder Engpässe in der Verarbeitung zu erkennen und nachzusteuern.
- Externe Unterstützung
- Prüfen Sie, ob eine Zusammenarbeit mit einem E-Invoicing-Dienstleister sinnvoll sein könnte, der Validierungsprozesse und Datenaustausch standardisiert übernimmt.
- Steuerberater und IT-Dienstleister können wichtige Ansprechpartner sein, um rechts- und prozesskonforme Prozesse einzurichten.
Fazit
Nach den ersten Wochen der E-Rechnungs-Verpflichtung in Deutschland (2025) ist klar:
- Die Umstellung auf digitale Rechnungsprozesse läuft bereits auf Hochtouren.
- Es gibt noch erhebliche Probleme mit der Konformität, Integration und der Umsetzung der Standardformate.
- Die Zahl der versendeten E-Rechnungen übersteigt bereits jetzt frühere Prognosen.
- Allerdings zeigten Markterfahrungen bereits in 2024, dass etwa die Hälfte aller Dokumente formale oder inhaltliche Fehler aufweisen.
Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen und Lösungsanbieter beim Validierungsprozess enger zusammenarbeiten und aktuelle Versionen der Standards einhalten. Zudem sollten hybride Formate klar geklärt und in ERP-Systemen entsprechend abgebildet werden, damit wichtige Anhänge erkannt werden können. Mit einer klaren Strategie, regelmäßigen Updates und gelebten Best Practices rund um strukturierte Formate lässt sich das E-Rechnungs-Management automatisieren und rechtskonform gestalten.
Quellen und weiterführende aktuelle Informationen
- Fragen und Antworten zur Einführung der obligatorischen (verpflichtenden) E-Rechnung zum 1. Januar 2025
https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/FAQ/e-rechnung.html, 05.02.2025, 07.02.2025 - Koordinierungsstelle für IT-Standards (KoSIT) – XRechnung und Standardisierung
https://xeinkauf.de/faq/xrechnung/
- Forum elektronische Rechnung Deutschland
https://www.ferd-net.de/
- Foto von Scott Graham auf Unsplash
Hinweis: Dieser Artikel fasst die Entwicklungen zum Zeitpunkt Mitte Februar 2025 zusammen. Die genannten Zahlen und Erfahrungen stützen sich auf direkte Kontakte zu verschiedenen Marktteilnehmern. Aktuelle Änderungen oder weiterführende Anforderungen werden in den Publikationen des BMF und der Koordinierungsstelle für IT-Standards veröffentlicht.
BLU DELTA ist ein Produkt für die automatisierte Erfassung von Finanzdokumenten. Partner, aber auch Finanzabteilungen, Kreditorenbuchhalter und Steuerberater unserer Kunden können mit BLU DELTA ihre Mitarbeiter bei der zeitaufwendigen und meist manuellen Erfassung von Dokumenten durch den Einsatz von BLU DELTA KI und Cloud unmittelbar entlasten.
BLU DELTA ist eine Künstliche Intelligenz der Blumatix Intelligence GmbH.

Autor: Martin Loiperdinger ist Co-Founder und CEO der Blumatix Intelligence GmbH. Zuvor war er in einem international agierenden Konzern für die Entwicklung von Kopierschutzlösungen verantwortlich und später als selbständiger Berater für mittelständische Unternehmen und Konzerne tätig. Seit 2016 treibt er die KI-gestützte Dokumentenverarbeitung voran und macht Blumatix zu einem der innovativsten Anbieter im DACH-Raum. Sein Ziel: der mühelose Informationsaustausch zwischen Unternehmen.
Kontakt: m.loiperdinger@blumatix.at